News

Warum Palmöl nicht nur „böse“ ist

In Tropenregionen wurden in den letzten Jahren große Flächen Regenwalds zerstört, um Platz für Ölpalmenplantagen zu schaffen. Das auf ihnen erzeugte Palmöl gilt daher als wenig nachhaltig und umweltschädigend. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit, wie nun eine Studie aufzeigt. Denn würde man andere Pflanzen zur Ölgewinnung nutzen, bräuchte man dreimal so viel Fläche. Zudem sind die Ölpalmen eine wichtige Existenzgrundlage für viele Kleinbauern.

Ölpalmen (Elaeis guineensis) werden in den Tropen schon seit Jahrhunderten als Öllieferanten kultiviert. Doch in den letzten Jahrzehnten hat die enorm gestiegenen Nachfrage nach Pflanzenölen zu einem explosiven Anstieg des Ölpalmenanbaus geführt: „Die weltweit mit Ölpalmen bepflanzte Fläche ist von rund fünf Millionen Hektar im Jahr 1980 auf mehr als 20 Millionen Hektar im Jahre 2018 angestiegen“, berichten Martin Qaim von der Universität Göttingen und seine Kollegen.

Boom des Palmöls – und der Plantagen

Doch diese Ausweitung der Palmölproduktion hatte und hat erhebliche Folgen: „Sie hat zur Entwaldung der Tropen und dem damit verbundenen Verlust der Artenvielfalt beigetragen, außerdem zur Emission von Treibhausgasen, zur Degradation von Landflächen, zu Bränden und auch zur Verschmutzung von Luft und Wasser“, erklären die Forscher. Weil zudem Palmölplantagen oft in großem Stil und von Großkonzernen angelegt werden, gelten sie auch als schädlich für die Wirtschaft und die Rechte der lokalen Gemeinschaften. Deswegen sind das Palmöl und Palmöl-haltige Produkte inzwischen stark in die Kritik geraten.

Doch wie sehen die Folgen des Palmenanbaus konkret aus – auch im Kontext anderer Ölpflanzen? Das haben Qaim und seine Kollegen nun näher untersucht. Dafür werteten sie Daten zu den ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Effekten des Ölpalmenanbaus in Afrika, Asien und Lateinamerika aus. Parallel dazu führten sie eine eigene Studie in einer Region in Indonesien durch. Dieses Land ist weltweit der größte Produzent und Exporteur von Palmöl. Ein Großteil des dort produzierten Palmöls wird auch nach Europa exportiert und in der Nahrungs-, Kosmetik- und Biokraftstoffindustrie verwendet.

„Waldfresser“, aber effizienter Öllieferant

Die Studie bestätigte, dass der Anbau von Ölpalmen zumindest in Südostasien für einen erheblichen Teil der Entwaldung verantwortlich ist: „In den letzten 40 Jahren gehen 47 Prozent der Entwaldung in Malaysia und 16 Prozent der gesamten Entwaldung in Indonesien auf das Konto der Ölpalmen“, berichten die Forscher. In Afrika und Lateinamerika liegen die Anteile allerdings deutlich niedriger, weil hier weit häufiger schon vorher landwirtschaftliche Flächen genutzt wurden oder Brachen bepflanzt wurden. Dennoch: „Etwa die Hälfte der global als Ölpalmenplantagen genutzten Fläche wurde auf Kosten von Wäldern eingerichtet“, so Qaim und seine Kollegen. Entsprechend stark sind die Auswirkungen auf Ökosysteme, Artenvielfalt und Umweltzustand.

Das Problem jedoch: Die Lage ist nicht nur schwarz und weiß. „Deswegen die Produktion oder den Handel mit Palmöl zu verbieten, wäre keine nachhaltige Lösung“, sagt Qaim. „Denn die Ölpalme produziert pro Hektar Fläche mehr als dreimal so viel Öl wie etwa Soja, Raps oder Sonnenblumen. Wollte man Palmöl komplett durch andere Pflanzenöle ersetzen, bräuchte man also deutlich mehr Fläche und müsste zusätzliche Wälder und Naturräume in Ackerland umwandeln.“ Hinzu kommt, dass längst nicht alle Plantagen von Großkonzernen und Agrarmultis angelegt und verwaltet werden, wie die Forscher ermittelten. „In Wirklichkeit wird rund die Hälfte des Palmöls weltweit von Kleinbauern produziert“, berichtet Qaim. Das aber bringt dieser eher armen Bevölkerungsgruppe mehr Einkommen und mehr Beschäftigung.

Mit einem Verbot des Palmöls ist es nicht getan

„Obwohl es in einigen Regionen auch zu Konflikten über Landrechte kommt, hat der Ölpalmenboom die ländliche Armut in Indonesien und anderen Anbauländern insgesamt deutlich reduziert“, so Qaim. Palmöl zu verbieten, hätte demnach zwar sicher einige positive Auswirkungen auf die Umwelt und den Erhalt der Regenwälder, gleichzeitig aber würde dies zu negativen wirtschaftlichen und sozialen Effekte in den produzierenden Ländern führen. „Ziel muss es daher sein, die Palmölproduktion umwelt- und klimafreundlicher zu gestalten“, sagt Co-Autor Ingo Grass von der Universität Hohenheim.

Nach Ansicht der Forscher wäre es für Umwelt und lokale Bevölkerung am besten, wenn man die weitere Ausdehnung der Plantagenflächen in Regenwaldgebiet durch strikte Schutzmaßnahmen unterbinden würde. Zum Teil können auch Mosaiklandschaften, wo Ölpalmen mit Waldstreifen und anderen Natur- und Kulturpflanzen kombiniert werden, zum Erhalt von Biodiversität und Ökosystemfunktionen beitragen“, sagt Grass. Gleichzeitig sollten durch Optimierung von Anbau und die Zucht besonders ertragreicher Sorten die Erträge auf den schon genutzten Plantagenflächen erhöht werden. „Hohe Erträge auf den bereits genutzten Flächen sind wichtig, um die noch verbleibenden Regenwälder zu schonen“, so Grass.

Nachhaltigere Produktionssysteme zu entwickeln und umzusetzen, ist eine Herausforderung, bei der Forschung und Politik gleichermaßen gefragt sind, schlussfolgern die Wissenschaftler. Klare und faire Landrechte und Zugang von Kleinbauern zu Beratung, Kredit und moderner Technologie seien dafür wichtige Voraussetzungen.

Quelle: Georg-August-Universität Göttingen; Fachartikel: Annual Review of Resource Economics, doi: 10.1146/annurev-resource-110119-024922

Quelle: https://www.wissenschaft.de/umwelt-natur/warum-palmoel-nicht-nur-boese-ist/

Über den Autor

Ähnliche Beiträge

Hinterlasse eine Nachricht

Hinterlasse eine Nachricht