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Mülltrennung in Deutschland herrscht oft noch Chaos in Tonnen

Die Deutschen werfen nicht nur zu viel weg, sondern machen das auch noch falsch. Doch der Fehler liegt nicht nur bei den Verbrauchern, sondern vor allem im System.

Die Menge an Abfall, die hierzulande pro Kopf anfällt, liegt fast 150 Kilo über dem EU-Durchschnitt. Nur Dänemark, Malta und Zypern produzieren mehr Müll. Bei den Verpackungen ist die Lage noch ernüchternder, hier ist Deutschland sogar Spitzenreiter. Und nun zeigt eine Analyse im Auftrag des Umweltbundesamtes, dass die Deutschen nicht nur zu viel wegwerfen, sondern ihren Müll auch noch falsch trennen.

Abfallanalysten bemängeln seit Jahren, dass etwa die Hälfte dessen, was an Verpackungen im gelben Sack oder der gelben Tonne landet, gar nicht dort hingehört. Das erschwert das Recycling und hat zur Folge, dass verwertbare Kunststoffe am Ende einfach verbrannt werden. Nun aber zeigt sich, dass auch zwei Drittel dessen, was im Hausmüll landet, dort fehl am Platz ist. Ein bitteres Zeugnis für ein Volk, das Mülltrennung als eine seiner Kernkompetenzen begreift.

 

Eigentlich ist die Sache mit der Mülltrennung eine simple. Solange Glas zu Glas, Pappe zu Pappe und Plastik zu Plastik sortiert wird, kann aus Altem etwas Neues entstehen. Aus diesem Grund gibt es heute in vielen Kommunen neben dem Hausmüll noch weitere Abfalltonnen, eben für Altpapier, Biomüll oder Leichtverpackungen. Die Recyclingquoten sind in den vergangenen Jahren in fast allen Bereichen gestiegen. Und doch gibt es mehrere Millionen Tonnen eigentlich noch verwertbarer Abfälle, die dem deutschen Recyclingsystem entgehen – weil sie gar nicht erst dort ankommen.

Nur ein knappes Drittel dessen, was gemessen am Gewicht in Deutschlands Restmülltonnen landet, entspricht nämlich echtem Restabfall, hochgerechnet aufs Jahr etwa 42 Kilo pro Kopf. Dazu gehören zum Beispiel Hygieneprodukte, Windeln, Staubsaugerbeutel oder zerbrochene Tassen. Das ist das Ergebnis einer Stichproben-Analyse von umgerechnet mehr als 2800 Hausmülltonnen im Auftrag des Umweltbundesamtes. Das heißt jedoch im Umkehrschluss: Die anderen zwei Drittel der Abfälle, die hierzulande im Hausmüll landen, gehören dort eigentlich gar nicht hin.

 

 

Auf den ersten Blick ist es schwer nachzuvollziehen, warum so viele Menschen Plastik in die Restmülltonne werfen und umgekehrt. Jetzt jedoch nur mit dem Finger auf die Verbraucher zu zeigen, die es einfach nicht verstanden haben, wäre zu einfach. Denn vielerorts machen es die Städte ihren Bewohnern ziemlich schwer, ihren Müll ordentlich zu trennen.

So darf in Deutschland jede Kommune für sich entscheiden, wie sie ihre Abfallentsorgung organisiert. Dass Hausmüll und Papier „haushaltsnah“ gesammelt wird, es also jeweils eine eigene Tonne dafür im Hof oder Garten gibt, hat sich mittlerweile durchgesetzt. Glas wird nahezu überall an Wertstoffinseln entsorgt, auch das funktioniert Experten zufolge gut. Doch dann beginnt das Chaos.

Eine Biotonne sollte überall Pflicht werden

Zum Beispiel beim Biomüll: Zwar ist bereits seit 2015 im Kreislaufwirtschaftsgesetz geregelt, dass organische Abfälle getrennt gesammelt werden sollen. Nur so lassen sie sich später zu Kompost oder Biogas verarbeiten. Umgesetzt haben die Vorgabe aber längst nicht alle Kommunen – mit der Folge, dass in Deutschland mehr Garten- und Küchenabfälle im Hausmüll landen als echter Restmüll. Die Umweltbundesamt-Analyse belegt eindeutig, dass dieser Anteil dort sinkt, wo es eine eigene Tonne gibt. Die ist nicht nur effizienter, sondern hilft auch der Umwelt und sollte daher Pflicht werden.

Ähnlich verhält es sich bei Kunststoffen: Sobald diese – wie in vielen Teilen Süddeutschlands üblich – nicht abgeholt, sondern zur Wertstoffinsel gebracht werden müssen, sinkt die gesammelte Menge deutlich und steigt der Plastikanteil im Hausmüll. Damit verpuffen viele Tausend Tonnen Recyclingpotenzial.

Ändern können beides nur Kommunen und Entsorgungsbetriebe gemeinsam. Sie müssen sich in Gebieten mit besonders viel Biomüll und Kunststoff in den Tonnen Gedanken über ein besseres System machen. Entfernungen zu Wertstoffinseln müssen verkürzt, Behältergrößen angepasst werden. Auch die Gebührenstruktur, die vielerorts die Attraktivität des Mülltrennens schmälert, gehört auf den Prüfstand. Und eine Pflicht zu Biotonne und gelbem Sack ist ohnehin längst überfällig. Letzteres gilt gerade für Städte, denn dort ist der Anteil von Plastik und Bioabfall im Hausmüll besonders hoch. Mit Informationskampagnen allein werden die Müllberge dort jedenfalls nicht schrumpfen. Viele Städte können den Menschen die Mülltrennung deutlich erleichtern. Sie sollten es endlich tun.

 

Quelle:

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/muell-restmuell-plastik-umweltbundesamt-1.4981112

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