News

Moore – unterschätze Klimaschützer. Speichern riesige Mengen CO2

Moore speichern Kohlendioxid in riesigen Mengen. Werden sie jedoch trocken gelegt, etwa für Weideflächen oder Getreideanbau, setzen sie das CO2 frei, sagt Moor-Experte Hans Joosten. Er erforscht, wie Bauern Moore nutzen können, ohne sie zu zerstören.

Sie enthalten bis zu 95 Prozent Wasser, bedecken etwa drei Prozent der Erdoberfläche und speichern mehr CO2 als alle Wälder der Welt zusammen. Schon an diesen wenigen Zahlen lässt sich ablesen, dass intakte Moore eine große Rolle beim Klimaschutz spielen. Denn legt man diese trocken, geben sie das gespeicherte CO2 frei – und das ist wiederum schädlich für das Klima.

„Moore sind spannende und eigentlich ideale Ökosysteme. Sie besitzen die Eigenschaften von Organismen, die sich selbst regulieren“, sagt der Paläoökologe und Moorkundler Hans Joosten, der diese Ökosysteme an der Universität Greifswald erforscht. Bislang seien etwa 15 Prozent der Moore weltweit entwässert worden – vor allem, um diese landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Doch diese 15 Prozent seien „verantwortlich für fünf Prozent aller von Menschen verursachten Emissionen.“

Ein Dilemma: Bauern brauchen trockene Flächen

Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, müssten trockengelegte Moore wieder vernässt werden, so Joosten. Damit befänden die Menschen sich in einem Dilemma: Um Milchwirtschaft betreiben und Mais, Getreide oder Kartoffeln anbauen zu können, brauche es trockene Flächen. Damit die Bauern nicht ihre Existenzgrundlage verlören, müssten alternative Kultivierungsformen weiterentwickelt werden – sodass sich Moore weiterhin wirtschaftlich nutzen ließen. Dafür arbeiten Joosten und seine Kollegen und Kolleginnen an der Weiterentwicklung der sogenannten Paludikultur.

Der Anbau von Röhrichten für Dachreet ist ein Beispiel dafür. Schilfanbau kann auch für die Energiegewinnung aus Schilfbiomasse genutzt werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Kultivierung von Torfmoosen  – als Torfersatz in Kultursubstraten im Gartenbau.

 

Moore leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt, sondern erfüllen darüber hinaus eine weitere Funktion, die im Zuge des Klimawandels nicht zu unterschätzen ist: Sie sind die effektivsten Kohlenstoffspeicher aller Landlebensräume.

Der weiche Boden gibt unter den Füßen nach, mit einem schmatzenden Geräusch gibt er den tief eingesunkenen Gummistiefel wieder frei. Wabernder Nebel kriecht über den schmalen Pfad, der sich durch das dunkle Wasser schlängelt. Moore haben eine einzigartige, für viele Menschen mystische oder sogar gruselige Atmosphäre. Für unsere Vorfahren waren Moorflächen vor allem eines: lebensfeindliches, nutzloses Ödland. Daher wurden sie Jahrhunderte lang entwässert und in land- oder forstwirtschaftliche Flächen umgewandelt. Eine Praxis, die bis heute anhält.

Dabei bieten Moore einen einzigartigen Lebensraum für viele selten gewordene Tier- und Pflanzenarten, wie Waldwasserläufer, Sonnentau und Moorfrosch und leisten so einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt. Sie erfüllen darüber hinaus eine weitere Funktion, die im Zuge des Klimawandels und der globalen Erderwärmung eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt: Sie sind die effektivsten Kohlenstoffspeicher aller Landlebensräume.

Effektive Kohlenstoffspeicher

 

In Mitteleuropa entwickelten sich Moore nach der letzten Eiszeit. Im wassergesättigten Milieu werden abgestorbene Pflanzenreste unter Sauerstoffausschluss nicht vollständig zersetzt und es kommt zur Torfbildung. Auf diese Art wachsen lebendige Moore langsam in die Höhe, etwa einen Millimeter pro Jahr. Mit dem abgelagerten organischen Material wird auch der Kohlenstoff für Jahrtausende im Moor festgelegt.

Dieser Prozess vollzieht sich in Deutschland bereits seit der Entstehung der Moore vor 11.000 Jahren. In dieser Zeit konnte sich so ein riesiges Kohlenstofflager aufbauen. Obwohl Moore weltweit lediglich drei Prozent der globalen Landfläche einnehmen, binden sie ein Drittel des terrestrischen Kohlenstoffes – doppelt so viel wie alle Wälder dieser Erde zusammen. In einem Hektar Moor mit einer 15 Zentimeter dicken Torfschicht findet sich in etwa so viel Kohlenstoff wie in einem hundertjährigen Wald auf gleicher Fläche.

Auf dem Trockenen

 

Bei der Entwässerung der Moore kommt der über Jahrtausende im Torf gebundene Kohlenstoff mit Sauerstoff in Berührung und oxidiert. Damit gelangen nicht nur riesige Mengen CO2 in die Atmosphäre, sondern auch das über 300 Mal klimaschädlichere Lachgas (N2O). Die gesamte Klimabilanz eines Moores wird daher in CO2-Äquivalenten angegeben, die anteilig alle klimarelevanten Gase enthalten. Intakte Moore geben zwar während ihres natürlichen Bildungsprozesses mit Methan auch ein klimaschädliches Gas ab, in der Summe wirken sie aufgrund der Kohlenstofffestlegung langfristig dennoch positiv auf das Klima.

Dessen ungeachtet geht die weltweite Zerstörung der Moore durch Trockenlegung und Torfabbau weiter. Im weltweiten Vergleich verursacht die Europäische Union die zweithöchsten Treibhausgasemissionen aus der Zerstörung von Moorgebieten. Damit liegt sie hinter Spitzenreiter Indonesien aber noch vor Russland, das weltweit die ausgedehntesten Moorflächen besitzt. In Indonesien existieren die bedeutendsten Torfwälder der Welt, welche allerdings in rasantem Tempo für Ölpalmenplantagen vernichtet werden oder verheerenden Moorbränden zum Opfer fallen.

Vor der eigenen Haustür

 

Aber auch vor der eigenen Haustür sieht es nicht viel besser aus. Moorlandschaften bedeckten ursprünglich mit 1,5 Millionen Hektar eine Fläche von 4,2 Prozent der Landesfläche Deutschlands. Heute sind 95 Prozent davon tot – das heißt entwässert, abgetorft, bebaut, landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzt. Bundesweit werden so etwa 44 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente jährlich aus entwässerten Moorböden freigesetzt. Das entspricht etwa fünf Prozent der Gesamtemissionen der Bundesrepublik Deutschland. Allein durch die landwirtschaftliche Nutzung von Mooren werden 37 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr emittiert.

Dabei sind Moore keine sehr ertragreichen Ackerflächen und ohne öffentliche Subventionen würde sich ihre Bewirtschaftung häufig kaum lohnen. So wird paradoxerweise der Anbau von Biomasse wie Mais zur alternativen Energieerzeugung auf ehemaligen Moorflächen als Instrument zum Klimaschutz gefördert. Aber auch der Torfabbau ist in Deutschland selbst in Zeiten des Klimawandels noch nicht Geschichte. So findet Torf als Zusatz in Blumenerde auch seinen Weg in unsere Gärten, obwohl es längst gute Alternativen gibt.

Eine positive Entwicklung in Richtung Moorschutz ist dennoch zu erkennen. Auf Druck der Umweltverbände wurden noch bestehende naturnahe Moorflächen unter Schutz gestellt und geschädigte Moore renaturiert und wiedervernässt. Einige Bundesländer verfügen mittlerweile über eigenständige Moorschutzprogramme, mit deren Hilfe vor Ort Projekte finanziert werden können. Solche Instrumente sollten schnellstmöglich in allen Bundesländern geschaffen werden.

Der NABU hat sich schon früh für den Erhalt der Moore engagiert. Bereits 1911 wurden die ersten Moorflächen am Federsee in Baden-Württemberg gekauft. Auch heute arbeiten NABU-Aktive bundesweit für den Schutz und die Wiederherstellung der letzten Moorlandschaften, etwa am niedersächsischen Theikenmeer oder im Biesenthaler Becken in Brandenburg, mit dem Ziel, Moore sowohl als wichtige Lebensräume zum Schutz der Artenvielfalt als auch auf Grund ihrer Funktion als einer der wichtigsten Klimaschützer unserer Erde zu erhalten.

 

 

Quelle: https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/moore/moore-und-klimawandel/13340.html

von Bernd Pieper & Linda Baumann

Über den Autor

Ähnliche Beiträge

Hinterlasse eine Nachricht

Hinterlasse eine Nachricht